Wer viel unterwegs ist, der sieht auch viele Menschen. Gute wie weniger gute Begegnungen reihen sich aneinander. Normalerweise und gerade in den Premiumkabienen ist Privatsphäre ein immer mehr gewünschtes Feature.
Auch eine andre Reisebegegnung werde ich wohl nie vergessen. (hier nachlesen)
Da werden Türen in Business Class Suiten eingebaut (wie bei British Airways) oder sind es schon länger (wie bei Qatar). Damit werden auch die Interaktionen mit anderen Passagieren an Bord weniger. Ich kann da sehr gut mit leben und mag meine Ruhe sehr. Manchmal folgen aber auch so Begegnungen, die hätte es mit einer Tür nicht gegeben.
Auf meinem letzten Flug von Los Angeles nach Kona auf Hawaii hatte ich so eine. American Airlines fliegt die Strecke mit einem Airbus A320, der hat sogar eine First Class – WOW! OK, vergessen wir das wieder, was wir uns so unter First Class vorstellen.
Die inneramerikanische First auf dem A321 ist ein normaler Sitze. Statt wie weiter hinten in der Kabine in einer 3-3 Anordnung, hat es hier eben nur 2-2. Und ja, natürlich ist es dennoch besser. In dem Sitz lässt sich das auf einem Tagflug gut die 5-6 Stunden aushalten, nachts möchte man das nicht, also ich nicht. Luxusprobleme, sicher doch, aber nachts möchte ich wenn möglich schlafen. Ich kann das zumindest im Sitzen nicht. Doch das wollte ich gar nicht erzählen.
Am Morgen stiegen wir also ein, ich richtete mich auf meinem Fensterplatz 3F häuslich ein und stöpselte meine Kopfhörer ein. Einige Minuten später betrat eine gutgekleidete ältere Dame die Kabine, vielleicht um die 70 Jahre alt, wobei sich das ja immer schwer schätzen lässt.
Sie schaute nach den Sitznummern und fragte erstaunt, warum ich denn auf Ihrem Sitz säße. Hm, ich? Denke eher nicht, aber wir schauen mal. Dann stellte sich heraus, dass Sie dachte sie habe einen Fensterplatz und hatte dennoch keinen.
Nun, auf dem Weg nach Hawaii war ich nun schon über 20 Mal, zudem gibt es außer den Start fast sechs Stunden außer Wasser wenig Spannendes und so bot ich der älteren Dame meinen Platz an. Das war ihr aber dann auch nicht so recht, denn wenn ich „schon den ausgewählt habe, dann soll ich doch auch den Ausblick genießen“, so Ihr Argument.
Nachdem ich dann noch schnell den Koffer der Dame in das gepäckfach hievte und sie sehr erfreut war das nicht selbst tun zu müssen, erzählte sie etwas aus ihrem Leben. Der Mann war schon vor einigen Jahren gestorben, dabei wollten beide doch den Lebensabend gemeinsam genießen und haben sich noch kurz vorher ein Haus gekauft. Nicht groß, nicht hipp, aber ein kleines Häuschen auf der größten der Inseln Hawaiis. Nur wenige Meter zum Strand, weit und breit nicht viele Nachbarn, nur Natur. Die liebt sie und ist immer noch fasziniert, wenn Sie abends- umgeben von zwitschernden Vögeln- auf der Terrasse sitzt.
Ganz dorthin zu ziehen kann sie sich aber auch nicht vorstellen, schließlich ginge dann der „Zauber des Paradieses verloren“ und andererseits kann sie ja die ganzen Freundinnen auch nicht allein in Los Angeles zurücklassen. So pendelt sie also ein- bis zweimal im Monat und lebt mal hier und mal dort. So auch dieses Wochenende.
Nachdem wir uns noch etwas unterhielten, aßen und sie mir noch einige hübsche Plätze auf der Insel an Herz legen wollte, machte dann wieder jeder seins.
Bis, ja bis ca. eine Stunde vor Kona. Während ich noch einige E-Mails schrieb und etwas Arbeit weg bekommen wollte, schaute ich eher zufällig immer wieder einmal aus dem Fenster. Wolken und etwas diesige Gebiete wechselten sich ab, dann mal wieder Sonne dazwischen und somit ergaben sich einige spannende Ausblicke.
Doch dann, was erblickte ich? Schnell zückte ich mein iPhone aus der Sitztasche und putze noch etwas das Fenster. Die Dame neben mir schaute mich etwas entgeistert an, blickte dann aber auf das Display des Telefons in meiner Hand.
Sogleich huschte ein freudiges Lächeln über Ihr Gesicht, als hätte Sie gerade etwas Besonderes entdeckt.
Der zunächst kleine Regenbogen wurde dann noch um einiges größer, je weiter wie an ihm vorbei flogen. Ich schoss noch einige Fotos mehr, denn „haben ist besser als brauchen“ und aussortieren kann ich ja dann am Ende immer noch.
Die Dame neben mir seufzte und meinte dann „ach, hätte ich ihr Angebot vorhin mal doch annehmen sollen“ um dann fortzusetzen… aber vielleicht hätte ich den Regenbogen dann auch gar nicht entdeckt. Aber ein Foto wäre schon toll.
Als ich Ihr anbot es zu schicken, lächelte sie und meinte dann aber… Ach, leider weiß ich meine E-Mailadresse nicht aufwändig und den Zettel habe ich zu Hause. Noch während sie das aussprach erinnerte ich mich an das iPhone vorhin in Ihrer Hand und bot das schicken per AirDrop an.
„Auch wenn ich das nicht kenne, wenn das geht und sie wissen wie man das machen muss, das wäre ganz wundervoll.“
Gesagt- getan! Schnell die Fotos ausgewählt und mittels AirDrop an „Grandma Lisz‘ iPhone“ geschickt. Das Strahlen in Ihren Augen war nicht zu übersehen und bevor ich etwas sagen konnte, erzählte sie wieder.
Ihr Mann war Meteorologe und immer auf der Suche nach spannenden Wolkenformationen, besonderen Wetterereignissen oder eben Regenbogen. Doch nie hatte es geklappt, einmal sahen Sie nur noch einen winzigen, schwachen Rest und ein anderes Mal drehte die Maschine gerade ab. Wieder nichts.
Sie war so zufrieden und glücklich und diesen „simplen Regenbogen“ nun gesehen zu haben.
„Für andere ich es nur ein Regenbogen, für mich eine schöne Erinnerung an meinen Mann. Aber vielleicht sah er den ja heute von „da oben“ auch.“
Da sieht man wieder einmal… auch ganz kleine Dinge machen glücklich. Nicht nur einen selbst, auch Mitfreisende haben dann einen tollen Tag!