Es ist schon etwas seltsam, wenn Mitarbeiter in offenen Briefen Ihren Kollegen (oder vielleicht zukünftigen Kollegen) zurufen:
Wir empfehlen Euch daher, euch noch intensiver als ohnehin schon Gedanken zu machen, ob ihr für solch ein Unternehmen arbeiten möchtet, (…) und euer Glück bei einer seriöseren Firma zu suchen.
Ob der Brief so echt ist, von wem er im Detail geschrieben ist, wir wissen es nicht und ich kann, will und werde es nicht bewerten. Sollte er wahr und so gewollt sein, zeigt es viel über das eigene Unternehmen.
Auch einer der Piloten hatte beim rbb im Interview eine Aussage getroffen, die mich persönlich verwunderte. „Ich habe bei Ryanair unterschrieben, weil die Konditionen akzeptabler sind, gegenüber Eurowings Europe.“
Wie gesagt, keine Wertung, lest selbst.
Quelle: AustrianAviation
Offener Brief
„Liebe Kollegen der Air Berlin, liebe Kollegen anderer Airlines,
wir möchten uns heute als Mitarbeiter der Eurowings Europe an euch wenden.
Viele von euch stehen vor einer ungewissen Zukunft und der schweren Entscheidung der beruflichen
Zukunft.
Eine der Optionen ist dabei für euch vielleicht die Eurowings Europe.
In zahlreichen Gesprächen, ob im Flieger während der Proceedings, oder am Boden gab es immer die gleichen Fragen von Euch.
Man nimmt viele Gerüchte auf, erfährt aber wenig Konkretes.
Gleichzeitig versucht die Lufthansa Group bzw. die Eurowings Dachgesellschaft über die Presse das Bild eines tollen und fairen Arbeitgebers zu zeichnen.Zum Teil gezielte Falschinformationen und Lügen über ‚deutliche Gehaltssteigerungen‘ und ‚tausende Bewerber‘ sollen euch beeinflussen und den Druck erhöhen sich doch endlich zu bewerben.
Öffentlich hinterfragt wird wenig und die Meisten werden davon ausgehen, dass die Lufthansa Group faire Arbeitsbedingungen bietet.Bisher galten Firmen wie Ryanair und Co als weniger sozialer Arbeitgeber, doch wenn man die Mitarbeiter von Eurowings Europe fragen würde, würden die meisten, sofort zu Ryanair wechseln.
Wir möchten diesen offenen Brief dazu nutzen, um Euch einen Einblick in die Realität bei Eurowings Europe zu gewähren, denn unter anderem wird euch auch bei uns eine Zukunft in Deutschland, Österreich oder Spanien angeboten.
Beginnen wir mit dem Konstrukt.
Warum gibt es Eurowings Europe überhaupt und warum ist die Firma in
Österreich ansässig?Die Eurowings Deutschland ist tarifiert.
Es existiert eine TK, eine PV und Mitbestimmung im Unternehmen.
Um das zu umgehen und ‚flexibler‘ zu sein, hat man in Österreich, wo das Streikrecht deutlich schwächer ist, ein Startup gegründet.
Bei Eurowings Europe gibt es derzeit keinen Betriebsrat, keine Tarifverträge und keinerlei Mitbestimmung durch die Mitarbeiter.
Dies führt dazu, dass der Arbeitgeber machen kann was er
will, was auch maximal ausgenutzt wird.
Hier hat jeder Mitarbeiter andere Arbeitsverträge, es gibt Unterschiede beim Gehalt, bei der Anzahl der Urlaubs- und OFF-Tage und sogar bei der Art der Bezahlungsgrundlage. (Leg- oder Blockstundenbezahlung)Diese Unterschiede gibt es keineswegs nur zwischen den verschiedenen Basen, sondern auch innerhalb dieser. Der Kollege dem du den Flieger übergibst, bekommt vielleicht mehr Gehalt, mehr Urlaub und mehr
OFF für den gleichen Job.
Einfach nur weil er jemanden kennt, der jemanden kennt, etc…Alle Versuche seitens der österreichischen Gewerkschaft VIDA während der letzten eineinhalb Jahre einen einheitlichen Tarifvertrag zu erzielen, wurden von der Firma immer wieder verzögert und sind gescheitert.
Zuletzt wurden die Verhandlungen gar komplett abgebrochen, da keine Aussicht auf Erfolg besteht.Der Arbeitgeber treibt dieses Spiel allerdings noch weiter und versucht immer die jeweils nach Landesrecht maximal schlechtest möglichen Konditionen zu etablieren.
Wenn ein Mitarbeiter der Eurowings Europe Station Palma, sei es Kabine oder Cockpit, krank ist, bekommt er an diesen Tagen kein Geld. Wir reden hier nicht nur von Zulagen (Legs) bzw. Überstunden die an einem
Krankheitstag nicht verdient werden, sondern von Abzügen beim Grundgehalt.
Bei einer Grippe, bei der der Mitarbeiter beispielsweise zwei Wochen krank im Bett liegt, bekommt er 40% vom Monatsgehalt abgezogen. Hierbei reden wir nicht über Peanuts. Zwei Wochen krank bedeuten teilweise 2.000€ weniger in einem solchen Monat.Dieses Thema wurde seitens der Mitarbeiter schon sehr oft angemahnt und uns ist völlig unklar wie eine Flight Safety Abteilung der Lufthansa so etwas mitmachen kann. Aber es wird gemacht und das seit Monaten.
Unsere Geschäftsleitung hält solche Konditionen und Praktiken für ‚marktgerecht‘, wir empfinden es als dunkelsten Frühkapitalismus.Den Kunden verkauft man es als sicher, denn sie fliegen ja mit der Lufthansa Gruppe in den Urlaub. Sie sind im Glauben eine maximal sichere Airline gewählt zu haben.
Auf dem Papier mag dies auch richtig sein, aber was der Kunde tatsächlich erhält, ist eine Crew bei der man nicht sicher davon auszugehen kann, dass
niemand Krank zum Dienst erscheint.
Die Flugsicherheit wird somit derart vorsätzlich aufs Spiel gesetzt,
dass es fast schon kriminell ist.Des weiteren beinhalten unsere Verträge zahlreiche Highlights, wie eine Begrenzung der Kostenerstattung fürs Medical (muss in der Freizeit gemacht werden) auf unüblich niedrige 150€, die komplette Verweigerung
die Mitarbeiter über eine LoL abzusichern, keinerlei Altersvorsorge, eine Kündigungsfrist seitens des
Arbeitgebers von 15 (!) Tagen, Urlaubsanspruch beruhend auf dem gesetzlichen Mindestniveau des Landes,
nur 8 OFF Tage pro Monat, ein quasi nicht vorhandenes Requestsystem, Rentenanspruch teilweise erst
nach 8 Jahren Einzahlung in das örtliche Sozialsystem, etc., etc.
Dies sind im Einzelnen vielleicht Kleinigkeiten, in der Summe zeichnen sie aber ein trauriges Bild. Die Bedingungen werden auf ein Minimum beschränkt und es wird sich jeglicher sozialer Verantwortung entzogen.Das Gehalt wird vollmundig in Präsentationen auf Basis von mindestens 400 Legs pro Jahr schöngerechnet.
Faktisch wurde durchschnittlich in den ersten zwei Jahren der EWEU nicht mal die Hälfte erreicht, denn man verbringt bis zu 14 Tage seines Dienstplans mit Standby-Diensten und verdient somit keinen Cent über das
Grundgehalt hinaus. Ein Kapitän bei Eurowings Europe in Wien trägt die volle Verantwortung für Passagiere
und Crewmitglieder und erhält hierfür ca. 3.000€ netto im Monat.
Wir reden hier nicht von einem Berufseinsteiger, sondern von einem Kollegen mit vielen Jahren Erfahrung und vier Streifen an den Schulterklappen.
Ist man in Spanien stationiert, so muss man sich noch auf die wirklich schlechte gesetzliche Krankenversicherung gefasst machen.
Keine freie Arztwahl, Krankschreibungen nur beim Amtsarzt, lange Wartezeiten auf Termine, ausschließlich medizinische Notfallversorgung, kein Zahnarzt etc.
Es gibt natürlich auch keinerlei finanzielle Unterstützung
für private Zusatzversicherungen oder ähnliches.
Vielmehr wird sogar offiziell verkündet, dass man mit der persönlichen Situation der Mitarbeiter nichts zu tun habe.So gibt es Kollegen in Spanien, die eine OP hatten und damit länger krank ausfielen. Diese Mitarbeiter, Cockpit wie Kabine, haben über Monate kein Geld ausgezahlt bekommen.
Es scheint dem Unternehmen egal zu sein, denn es wurde viel darüber geredet aber nichts verändert.Jetzt kann man anführen, dass man in eurem Fall wahrscheinlich in Deutschland stationiert sein wird und all dies nicht zutreffen wird.
Aber könnt ihr euch 100%ig sicher sein niemals an eine andere Station wechseln zu müssen?
Als ‚Upgrader‘ wird einem zum Beispiel nur eine Station in Palma angeboten. Auch müsst ihr euch Fragen, ob ein Unternehmen, welches seine Mitarbeiter wie beschrieben behandelt, nicht auch in Zukunft auf außergewöhnliche Ideen in Deutschland kommt.Unsere Geschäftsleitung hat gerade erst intern bekannt gegeben, dass ein „neuer“ Mitbewerber innerhalb der Lufthansa Gruppe günstiger operiert und man hierhin aufschließen muss.
„Der Flugbetrieb darf auf keinen Fall teurer werden als bei Niki.“
Bei Eurowings Europe arbeiten viele motivierte Kollegen die schon einiges in der Airlinewelt gesehen haben.
Wenn man mit den Kollegen spricht, dann wird klar, dass so gut wie niemand ein Unternehmen mit einer derart schlechten Stimmung erlebt hat.
Wir haben diese und zahlreiche andere Probleme mehrfach gegenüber unserer Geschäftsführung in Wien, wie auch der in Köln angesprochen. Es interessiert dort aber scheinbar niemanden, denn es gibt meist nicht mal
eine Reaktion.Das System der Wings Gruppe und vor allem der Eurowings Europe beruht darauf Druck auf die Mitarbeiter auszuüben, Ängste zu schüren und die einzelnen Mitarbeitergruppen der verschiedenen Flugbetriebe gegeneinander auszuspielen.
Die Lufthansa stand einmal für Zuverlässigkeit, Fairness, soziale Verantwortung und Gerechtigkeit.
Dies hat sich spätestens mit Gründung der EWEU geändert.Wir empfehlen Euch daher, euch noch intensiver als ohnehin schon Gedanken zu machen, ob ihr für solch ein Unternehmen arbeiten möchtet, oder vielleicht doch lieber auf einige Köder wie einen Welcome Bonus etc. zu verzichten und euer Glück bei einer seriöseren Firma zu suchen.
So oder so wünschen wir Euch für die Zukunft alles Gute und versprechen Euch weiter dafür zu kämpfen, diese prekären Arbeitsbedingungen zu verbessern und das „race to the bottom“ aufzuhalten.
Eure Kollegen der Eurowings Europe“